BAWÜLON Nr. 4/2021 (44) Süddeutsche MATRIX für Literatur und Kunst

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BAWÜLON Nr. 4/2021 (44) Süddeutsche MATRIX für Literatur und Kunst

BAWÜLON – Süddeutsche MATRIX für Literatur und Kunst Nr.4/2021 (44)

Während ich diese Zeilen schreibe, ist die Welt draußen in Regen gehüllt. Gerade kam im Radio die Nachricht von der neuen Virusvariante in Südafrika, von der die Experten noch nicht wissen, welche Ausmaße sie haben wird. Wir alle sollen und müssen unsere Kontakte reduzieren. Und in dieser Zeit erreicht Sie die neue Bawülon, die zwar nicht wie eine Impfung gegen das Virus hilft, aber Möglichkeiten bietet, sich wenigstens zeitweise und in Gedanken in andere Länder und andere Zeiten begeben zu können. Wir laden Sie ein, mit den Autoren und Autorinnen nicht nur nach Deutschland, sondern auch nach Rumänien, Tschechien, Aserbaidschan, Polen, Ungarn, Georgien und schließlich in das Herz der großen Berge in den Ural zu reisen. Immerhin entführt uns das größte Kapitel in Bawülon in Die Welt und ihre Dichter. Vielleicht ist es gerade heutzutage gut, dass mehrere Artikel nicht bei der Gegenwart stehen bleiben, sondern einen Blick in vergangene Zeiten werfen.
Wie immer beginnt das Heft mit dem Versprechen, Ein Gedicht für jede Jahreszeit bereit zu halten. Zweisprachig, Rumänisch und Deutsch macht Theodor Vasilache mit Absturz in die Zeit den Anfang.Ein Gedicht, daser seinen Söhnen gewidmet hat.
Wir wussten / wer gut war und wer nie gut / werden würde. In gewohnter Kunstfertigkeit betrachtet Klaus Martens in neun Gedichten die Welt aus nachdenklicher Perspektive.
Tina Stroheker erzählt in Hana · Bilder und Texte von·dertschechischen Germanistin Hana Jüptnerová, die sich für die Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen engagierte.
Mehr als eine Fingerübung sind die 6 Gedichte von Walle Sayer. Sie erzählen in verschiedenen Belichtungszeiten von Früher, Damals, Einst.
Ein Weihnachtsgeschenk könnte der Gedichtekalender 2022 sein, mit dem Hubert Klöpfer in faksimilierten Handschriften durch das Jahr führt.
Corona geht durch den Herbst der Worte schreibt Matthias Buth in seinem Gedicht Kessel der Medea und ist damit ganz in der Gegenwart. Doch während wir uns in diesem Gedicht im Uferlosen verlieren, endet sein Zyklus mutmachend mit der nestzärtlichen Welt eines Rotkehlchens.
Mit Gedichten von Horst Samson, die er seinem Freund Rolf Bossert über die Jahre gewidmet hat und mit den Prolegomena des Initiators des Rolf-Bossert-Gedächtnispreises Hellmut Seiler sowie einem Gespräch mit ihm erinnern wir noch einmal an den wichtigen und jung verstorbenen Dichter Rolf Bossert.
Von Rumänien nach Aserbaidschan. Parvis Dschabrail, der 1971 geborene Vertreter der modernen aserbaidschanischen Literatur, erzählt in Die letzte Trauernacht eine etwas rätselhafte Geschichte zwischen Leben und Tod. Einige Gedichte ergänzen das Bild.
Mehr als fünfzig Seiten widmet Bawülon Gerti Michaelis Rahr. Kein Wunder, denn die 1921 in Stettin geborene Tänzerin und Sängerin hat über eine bewegte Lebensgeschichte viel zu erzählen. Sie hatte nicht nur unter der Herrschaft der Nazis zu leiden, wurde 1945 in die Sowjetunion verschleppt und später mit ihrem ungarischen Ehemann in dessen Heimat des Landesverrats verdächtigt. In Der Vorhang fiel beschreibt sie diese Ereignisse, nachdem sie mit ihrem Sohn, dem Schriftsteller Imre Törek, lange Gespräche geführt hatte. Textauszüge aus Gefangen im Internierungslager bei Moskau und aus der Novelle Unverhofft, ergänzt durch zahlreiche Fotos aus dem Familienalbum stellen die beeindruckende Künstlerin vor.
Von Imre Törek selbst lesen wir Schneewittchen, das Gehirn und das Gift – Eine Schauermär in unserer Zeit, eine Kurzgeschichte, die man, obwohl sie einige Jahre vor der Pandemie entstanden ist, unwillkürlich vor deren Folie liest.
Lebenslinien – Leselinien. Unter diesem Motto stellt uns Matthias Buth mit der Dichterin Hertha Kräftner eine weitere beeindruckende Frau vor. Obwohl sie mit nur 23 Jahren 1951 starb, hinterließ sie etwa einhundert Gedichte.
Und Peter Gehrisch macht uns auf eine überraschende geistige Konspiration zwischenAnna Seghers und dem vor zweihundert Jahren geborenen polnischen Dichter und Freiheitskämpfer Cyprian Norwid aufmerksam. Mit zwei Gedichten lernen wir Cyprian Norwid zusätzlich näher kennen.
Wir trauern um Béla Büchl, der im Oktober dieses Jahres leider verstorben ist. Uns bleibt nur übrig, seine humorvollen Texte weiterhin zu veröffentlichen. Aus dem Erzählband Vertrauliche Nachricht, der dieses Jahr im Pop-Verlag erschienen ist, haben wir die Geschichte ausgewählt, in der er aus der Perspektive eines Jugendlichen, der eigentlich nur Mädchen im Kopf hat, von einem in Wirklichkeit einschneidenden Erlebnis in seinem Lebenslauf erzählt: Von der bevorstehenden Deportation in die Băragăn-Steppe, die er zusammen mit seinen Eltern als Dreizehnjähriger erleben musste.
Im Atelier haben sich Mihaela Claudia Condrat und Ewart Reder mit sehr unterschiedlichen Texten eingefunden. Mihaela Claudia Condrat wirft in acht Gedichten einen lyrischen Blick auf die Gegenwart. Ewart Reder hingegen schreibt Homothematische Prosa über erstaunliche Befindlichkeiten von Handschuhen und einer Frisur.
Mit sieben Werken lädt das Bücherregal zum Verweilen ein. Matthias Buth, Wolfgang Schlott, Barbara Zeizinger und Widmar Puhl haben sich gründlich umgesehen und Lesenswertes aus unterschiedlichen Ländern und Zeiten ausgewählt.
Wie immer gibt es abschließend Berichte aus der Kulturszene. So berichtet Peter Frömming aus einem Werkstattgespräch über „Politische Lyrik“ und unser Musikliebhaber und -kenner Widmar Puhl ist begeistert von einem Prokofjew-Konzert mit der Pianistin Yulianna Adeeva.
Zum Schluss gilt es diesmal, unseren Freund und Verleger Traian Pop zu ehren. Er ist dieses Jahr nicht nur Dorfschreiber von Katzenbach in Siebenbürgen geworden (ein Amt, das er wegen Corona bisher nicht antreten konnte), sondern hat im November auch den nach dem schlesischen Dichter benannten Andreas-Gryphius-Preis verliehen bekommen. Wir gratulieren Traian Pop, der, wie Georg Aescht in seiner Laudatio erwähnte, von Dieter Schlesak einmal treffend als „Zwischenschaftler“ bezeichnet wurde. Ist er doch jemand, der nicht nur selbst Schriftsteller ist, Prosa, Lyrik sowie Theaterstücke schreibt, sondern gleichzeitig in seinem Verlag bisher rund 400 Bände anderer Autoren veröffentlicht hat. Also noch einmal: Herzlichen Glückwunsch oder Felicitări!
Barbara Zeizinger

• Tian He • Traian Pop Traian • Ein Gedicht für diese Jahreszeit • Zum 80. Geburtstag von Rainer Wedler • Carsten Sternberg • Dieter Mettler • Reinhard Grüner • Rainer Wedler • Matthias Buth • Gerhild Wächter • Dagmar Dusil • Ioana Iernomim • Emil Hurezeanu • Irena Habalik • Adriana Carcu • Wolfgang Schlott • Uli Rothfuss • Barbara Zeizinger •

Barbara Zeizinger • Editorial / S. 4
Die Welt und ihre Dichter
Ein Gedicht für diese Jahreszeit
Traian Pop Traian • calul (meu?) troian / (mein) trojanisches pferd . Ein Gedicht für jede Jahreszeit im Original (rumänisch) und in deutscher Übertragung. / S. 6
Tian He • Zehn Gedichte. / S. 10
Zum 80. Geburtstag von Rainer Wedler
Rainer Wedler • Über Verlust und Wiedergewinn der Wörter · Sieben Prosastücke. / S. 21
Rainer Wedler • Ämter · Kurzprosa. / S. 50
Carsten Sternberg • auf die beiden letzten freien Plätze: mittlere Reihe, hinterste Bank. / S. 57
Rainer Wedler • BAG · Kurzprosa. / S. 61
Rainer Wedler • Ismologie · Kurzprosa. / S. 70
„Der Weg zum Ich ist der schwierigste“ · Drei Fragen an einen Autor, der morgen 80 Jahre alt wird • Rainer Wedler antwortet Traian Pop fragt. / S. 75
Rainer Wedler • Aphorismen. / S. 82
Rainer Wedler • Gedankensplitter · Pflanzenliebe · Tierliebe / S. 86
Rainer Wedler • Gedichte und Buchobjekte. / S. 98
Reinhard Grüner • Phönix aus der Asche · Gedanken zu den Buch-
objekten Rainer Wedlers. / S. 103
Rainer Wedler • Buchobjekte. / S.107
Dieter Mettler • Leseerfahrungen · Rainer Wedler zum 80. / S. 111
Gerhild Wächter • Scherenschnitte. / S. 125
Dagmar Dusil • Drei Gedichte im Original (rumänisch) und in deutscher Übertragung. / S. 126
Ioana Iernomim • Vier Gedichte im Original (deutsch) und in rumänischer Übertragung. / S. 138
Emil Hurezeanu • Das Geheimnis gespeicherter Zeit. / S. 147
Atelier
Irena Habalik • Acht Gedichte. / S. 151
Adriana Carcu • Der lange Weg nach Hause · Vier Prosastücke. / S. 161
Bücherregal
Matthias Buth • Dichter sterben leise, Gedichte sterben voraus · Marie T. Martin, Rückruf. / S. 175
Wolfgang Schlott • Ann Petry, Country Place. / S. 178
Wolfgang Schlott • Paavo Matsin. Gogols Disko. / S. 180
Wolfgang Schlott • Yodgor Obid, Auf meinen Wimpern trage ich die Welt. / S. 183
Wolfgang Schlott • Claude Anet. Ariane. Liebe am Nachmittag. / S. 186
Uli Rothfuss • Benjamin Ferencz, Sag immer deine Wahrheit. Was mich 100 Jahre Leben gelehrt haben. / S.189
Uli Rothfuss • Eleonora Hummel, Die Wandelbaren. / S.191
Barbara Zeizinger • Rainer Wedler, Das Jahr Null ist das Jahr Zwölf. Warum Hitler meinen Vater nur einmal getroffen hat. / S.195
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